General Public

Staatsballett

06 - 12 Jun 2010

STAATSBALLETT

// Eröffnung: 5. Juni 2010, 20h00
// Dauer: 6. - 12. Juni, tgl. 15h00 - 18h00

Zur Eröffnung mit einer performativen Einführung in die Ausstellung von Margarita Tsomou (Performerin und Kulturwissenschaftlerin, Berlin/ Athen)

Die Ausstellung body/effort/shape/space zeigt Fotografien, die während des Trainings zum Ballett "La Péri" an der Staatsoper Berlin entstanden sind. Intendant und Tanzchef Vladimir Malakhov hat das vergessene Werk von Friedrich Burgmüller (Musik) und Théophile Gautier (Libretto), das 1843 Premiere in Paris hatte, ausgegraben und in Szene gesetzt.
Die Fotografinnen und Fotografen des Lette-Vereins sind dem Auftrag des Staatsballetts gefolgt und präsentieren nun ihre jeweiligen Ansichten zu den Ballett-Proben. Titelgebend ist dabei das Leitmotiv „body/effort/shape/space“ des Tanz-Theoretikers Rudolf von Laban (1879-1958), der ein System zur Analyse und Aufzeichnung menschlicher Bewegung entwickelte.
Diese Ausstellung zeigt gewissermaßen einen doppelten Blick auf die Bedingungen der Auftragsarbeit: Zum einen sehen wir die Arbeit der Tänzer/innen zur athletischen Disziplinierung ihrer Körper im Sinne der Kunstform Ballett. Zum anderen betrachten wir die Fotografien, die – als Auftragsarbeit – meist das visualisieren, was öffentlich in Augenschein genommen werden soll.
Bei beiden künstlerischen Feldern korrelieren subjektive Ansprüche mit den Erfordernissen von Leistungs-Systemen: „Body“ meint auch „Institution“ und „Gesellschaft“, der gegenüber ein Aufwand (effort) stattfindet. Der Begriff “space“ schließt auch die „Leerstelle“ mit ein, die sich bei der Fragestellung aufdrängt, warum die ca. 300 Jahre alte Kunstform Ballett immer noch so existiert: Tänzer sind Hochleistungssportler – ihre Leistungen werden aber auf der Bühne der Kunst rezipiert.
Welche Bedingungen sollten erfüllt sein, damit Fotografie als künstlerische Positionierung angesehen wird? Blickt man auf die Zuschauerreihen der Vorstellung "La Péri" im Staatsballett Berlin, so wird einem unmittelbar bewusst, dass man den Altersdurchschnitt der anwesenden Zuschauer nach unten drückt: Warum sollten die hier anwesenden Senioren sich auch nicht danach sehnen, die Leichtigkeit der filigranen Sprünge, die scheinbare Überwindung der Schwerkraft des Balletts zu genießen und für neunzig Minuten das Dilemma des alternden Körpers zu vergessen?
Der aus der Ukraine stammende Star-Tänzer Vladimir Malakhov flüchtete mithilfe seines Talents und seiner hervorragenden Ballettausbildung aus dem radioaktiv belasteten Vaterland, um nun im post- preußischen Berlin mit "La Péri" der Leichtigkeit des Seins zu frönen.
Ist es im Sinne der fotografischen Kunstproduktion, die demolierten Füße der Primaballerina zu präsentieren? Oder sollten wir uns nicht einfach, im Sinne des Mainstreams, an der dargestellten, technischen Leistung der jungen Künstler/innen erbauen und versuchen, zu genießen?
TEXT von Ulrike Feser